Abstract
Unsere vorstehende epidemiologische Untersuchung hat uns im Lichte der Auffassung von der örtlich-zeitlichen Bedingtheit der Seuchenentstehung erkennen lassen, daß der epidemischen Gelbsucht nicht eine infektiöse, sondern eine sich aus einem siechhaften Boden entwickelnde gasförmige, toxische Krankheitsursache zugrunde liegt und daß es sich um eine Endemizität der Krankheitsursache handelt, welche in einer Reihe der Fälle eine Übertragung von Person zu Person vortäuscht und dadurch den Anlaß zu der irrtümlichen Annahme gegeben hat, daß es sich um eine Infektionskrankheit handle. Dabei ist zu beachten, daß Eppinger versucht hat, bei Fällen von epidemischem Ikterus durch Übertragung von Blut und Duodenalsaft die Infektiosität festzustellen, und daß er dabei zu einem völlig negativen Ergebnis gekommen ist: eine Tatsache, die weder von Dietrich noch von Gutzeit bei ihrer Gleichstellung des Krankheitsbildes des Ikterus catarrhalis mit der Hepatitis epidemica entsprechend gewürdigt worden ist. So kommen wir zu dem Schluß: Während die epidemische Gelbsucht (Hepatitis epidemica) eine periodisch auftretende Erscheinungsform des epidemischen Erkrankens darstellt, welcher eine ortsgebundene und klimabedingte toxische, gasförmige Krankheitsursache zugrunde liegt, handelt es sich bei dem bekannten Krankheitsbilde des Ikterus catarrhalis um endogene Vorgänge, die katarrhalischer Natur, aber auch enterotoxisch bedingt sein können.