Man versucht heute Zytostatika zu entwickeln, die in einer gut verträglichen Form appliziert werden („Transportform”) und erst im pathologischen Gewebe, in der Geschwulst, in die aktive wirksame Substanz übergeführt werden („Wirkform”). Dieses Prinzip hat sich erstmals bei der Behandlung des Prostata-Karzinoms mit Stilböstroldiphosphat klinisch bewährt. Bei Stickstofflost-Verbindungen ist die biologische Wirksamkeit von der Reaktivität der funktionellen ß-Chloraethyl-Gruppen abhängig. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, das Prinzip „Transportform - Wirkform” auf die alkylierenden Substanzen zu übertragen. Es gelang, durch chemische Substitutionen, unter Verminderung der Basizität des zentralen Stickstoffatoms, inaktive Transportformen herzustellen, bei denen erst chemische Umwandlungen im Organismus zu einer Aktivierung der β-Chloraethyl-Gruppen und damit zur Freisetzung der Wirkform führen. Als Maß der Reaktivität wurde die Chlorionen-Dissoziation bestimmt. Arnold und Bourseaux synthetisierten eine Reihe von N-Lost-Phosphamiden, insbesondere von zyklischen Phosphamidestern. Unter zahlreichen synthetisierten und geprüften Verbindungen zeichnete sich das N,N-Bis-(β-chloraethyl)-N′,O-propylen-phosphorsäureester-diamid (B 518-ASTA bzw. Endoxan®) durch besonders günstige Eigenschaften aus. Im Vergleich mit N-Oxyd-Lost und vor allem mit N-Lost ist die Reaktivität der funktionellen β-Chloraethyl-Gruppen stark herabgesetzt. Unter in-vitro-Bedingungen beträgt die C1¯-Dis-soziation aus B 518 während drei Stunden weniger als 0,05 Äquivalent pro Mol. Im Inkubationstest von Schmähl und Druck-rey erwies sich B 518 auch bei 37° C praktisch als inaktiv. Die pharmakologische Prüfung erfolgte nach den Kriterien von Druckrey an verschiedenen Rattentumoren (u. a. Yoshida-Aszites-Sarkom, Walker-256-Karzinom, Jensen-Sarkom und DS-Karzino-sarkom). Bewertet wurde die endgültige Heilung in einer Beobachtungszeit von 90 Tagen. Sowohl für die kurative als auch für die letale und leukotoxische Wirkung wurden die Dosis-Wirkungsbeziehungen durch Aufnahme der entsprechenden Regressionsgeraden ermittelt. Am Yoshida-Aszites-Sarkom zeigte B 518 bei einmaliger intravenöser Gabe mit einem Therapeutischen Index von 8,5 gegenüber 2,2 beim N-Oxyd-Lost eine wesentlich größere therapeutische Breite. Auch bei fraktionierter Anwendung war der Index eindeutig größer als beim N-Oxyd-Lost und als bei allen anderen vergleichend geprüften Substanzen. Die Ergebnisse des Simultanversuches konnten bei der Behandlung subkutan wachsender Geschwülste im echten Therapieversuch bestätigt werden. Als besonderer Fortschritt wird festgestellt, daß mit B 518 eine signifikante Beeinflussung des DS-Karzino-sarkoms zu erzielen war, eines Tumors, der sich bisher chemotherapeutisch als völlig resistent erwiesen hat. Zur Charakterisierung der Knochenmarksschädigung wurde eine Senkung der Leukozyten bei den Versuchstieren um mindestens 50% bewertet; die Wahrscheinlichkeit einer leukotoxischen Belastung für eine kurativ vollwirksame Dosis von B 518 beträgt nur 12% (N-Oxyd-Lost 86%). Da B 518 im Tierversuch eine sehr gute kanzerotoxische Wirkung zeigt, unter in-vitro-Bedingungen jedoch inaktiv ist, erscheint die Annahme berechtigt, daß die Wirkung nach dem Prinzip „Transportform - Wirkform” erfolgt. Hierfür spricht auch die therapeutische Breite und die geringe leukotoxische Wirkung. Recently many trials have been made to develop cytostatic agents which can be administered in a well tolerated form (“transport form”) and which are activated (“active form”) in the organism, particularly in the tumour tissues. This principle has proved its value for the first time in the treatment of prostatic carcinoma with stilboestrol diphosphate. The biological activity of nitrogen mustard compounds depends on the reactivity of the functional β-chlorethyl groups. It was tried to appli-cate the principle of “transport form” — “active form” on the alkylating agents. By chemical substitution — reducing the basicity of the central nitrogen atom — it was possible to obtain inactive transport forms in which the β-chlorethyl groups are activated by chemical transformation in the organism which finally leads to liberation of the active form. To measure the reactivity the dissociation of the chlorine ions was determined. Arnold and Bourseaux synthesised various nitrogen mustard phosphamides, especially of cyclic phosphamide esters. Numerous compounds were synthesised and tested of which the N,N-Bis-(β-chlorethyl) - N′, O-propylene-phosphoric acid ester diamide (B 518-ASTA, Endoxan respectively) was found to be most useful. Compared with N-oxide of nitrogen mustard and especially with nitrogen mustard the reactivity of the functional β-chlorethyl groups is markedly reduced. In vitro B 518 showed a dissociation of Cl¯ less than 0.05 equivalent/mol. in 3 hours. In the incubation-test of Schmähl and Druckrey B 518 remained practically inactive, even at 37° C. B 518 was tested pharmacologically in rats with well defined tumours (Yoshida ascites sarcoma, Walker-256-carcinoma, Jensen sarcoma and DS carcinosarcoma) following the criteria of Druckrey. The assessment of the curative effect was based on the definite healing of the animals after 90 days. For the curative and also for the lethal and leucotoxic action the dose-action relationship was ascertained by straight lines. On the Yoshida ascites sarcoma, treated with a single intravenous dose, B 518 had a therapeutic index of 8.5 (N-oxide of nitrogen mustard = 2.2); this means a considerably wider margin of safety. Also...