Abstract
Nach einer kritischen Definition der Allergie wird die enterale Allergie beim Säugling skizziert (leichte Fälle von Ablaktationsanorexie und andere Dyspepsien, namentlich Kuhmilch-Idiosynkrasie). Deren Häufigkeit schwankt zwischen 0,1 und 7%. Junge Säuglinge resorbieren ganze Eiweißmoleküle (Lippard, Schloss u. a.). Als Antigene sind nachgewiesen Mandeln, Eier, Serum, Milch, Glutein, Isohämolysin usw. Es wird wahrscheinlich, daß in den ersten Lebenstagen Gammaglobuline in der Größenordnung von 180 000—300 000 Molekulargewicht resorbiert werden. Die resorbierten Antigene bewirken eine Antikörperproduktion. Warum aber ist die klinische Reaktion nur relativ selten? Arbeitshypothese: wie beim Morbus haemolyticus entstehen zweierlei Antikörper, komplette und inkomplette. Die „inkompletten” wären den sogenannten „Reaginen” analog. Disponierende Momente: konstitutionelle, familiäre Faktoren, Alter und Infekte des Darmes. Die Darmfaktoren sind außerordentlich komplex (Verlust einer Bakterienwachstums-hemmenden Substanz im Duodenum bei Dyspepsien, Dysfermentie des Pankreassaftes, vermehrtes Exsudat im Darmlumen mit verminderter Peristaltik, Tonusstörungen mit verlängerter Verweildauer usw.). Am Beispiel eines Säuglings (Rekonvaleszent nach Toxikose) wird gezeigt, daß eine Kuhmilchallergie mit Auftreten von Antikörpern im Serum bei Belastung mit dem Antigen zur sogenannten „Absättigung der Antikörper im Blut” führt. Unterdrückung der Kuhmilchallergien durch Cortison. Zoeliakie. Die bisher gewonnenen Erkenntnisse werden auf die sogenannte gliadininduzierte Form der Zoeliakie übertragen. Das Krankheitsbild der Zoeliakie wird skizziert, Autopsie und Biopsiebefunde diskutiert. Der „turn-over” der Epithelzellen der Darmwand ist sehr intensiv. Eine Sensibilisierung bei der langsamen Entwicklung der Krankheit wäre leicht zu verstehen. Stoffwechselstörung bei Zoeliakie nach Dicke, Weiyers und van de Kamer: die Bedeutung des Gliadins und der sogenannte Belastungsversuch (klinische Symptome und Bestimmung des Glutamins im Plasma) werden besprochen. Beim Zoeliakiepatienten und -Rekonvaleszenten ist das Blutglutamin viel stärker erhöht als beim Gesunden. Bei Patienten scheint Glutamin im Blut an Polypeptide gebunden zu sein. Als Ursache kommt ein Enzymmangel der Darmwand (Frazer) in Betracht. Denkbar ist auch, daß einzelne Polypeptide (das heißt Abbauprodukte aus der Gliadinspaltung) toxische Wirkungen entfalten. Schließlich kann aus dem Belastungsschock, der Eosinophilie in Blut und Stuhl, der Beteiligung eines spezifischen Eiweißkörpers am Krankheitsprozeß und der gelegentlich beobachteten günstigen Wirkung von Cortison ein allergischer Prozeß auf Gliadinsensibilisierung gefolgert werden. Der Antigen-Antikörpernachweis und die sogenannte „Absättigung” bei Belastung ist sichergestellt (E. Berger). Die Theorie der allergischen Pathogenese der Gliadin-induzierten Zoeliakie kann sich auf ein gewisses Tatsachenmaterial stützen. Zum Schluß ein Beispiel für die Behandlung der Krankheit durch Gliadin-resp. Gluten-freie Kost (Gewichts-, Wachstumskurven und Photos). After a critical discussion of the term allergy, intestinal allergies in the infant are described (light cases of anorexia on weaning; some cases of gastro-enteritis, particularly sensitivity to cow's milk). The incidence of such intestinal allergies ranges between 0.1 and 7.0%. Young infants have been shown capable of absorbing entire protein molecules. Almonds, eggs, milk, glutein, isohaemolysins etc. may act as antigens. It is also likely that during the first few days of life gamma globulins of 180,000—300,000 molecular weight are absorbed. These antigens produce an antibody response. The following working hypothesis is proposed in explanation of the finding that, despite the ubiquitous presence of such antigens, a clinical reaction is rare. There are produced two types of antibodies, the complete and the incomplete ones. The incomplete antibodies are analogous to the so-called reagins. Constitutional and familial factors, age, and intestinal infections act as predisposing elements. The intestinal factors are highly complex (loss of a duodenal substance which inhibits bacterial growth in cases of gastro-enteritis; increased exudate in the intestinal lumen in cases of decreased peristalsis; enzymatic abnormalities of pancreatic juice; abnormal tonus with prolonged passage through the intestines). An example is cited of an infant, convalescing after a severe toxicosis, who had a cow's milk allergy with a very high titre of serum antibodies. The deliberate exhibition of antigen led to a sudden and profound decline in antibody titre with the occurrence of shock, i.e. a situation analogous to anaphylactic shock. — The clinical picture of coeliac disease is drawn, and autopsy and biopsy findings discussed. The turn-over of epithelial cells in the intestinal wall is very rapid; a sensitization mechanism is easily acceptable in view of the slow progression of the disease. The metabolic disturbances, as found by Dicke and co-workers (the significance of gliadin and the results of so-called tolerance tests) are discussed. In patients with coeliac disease or recovering from it the blood glutamine level is much higher than normal. In patients with coeliac disease glutamine is apparently bound to a polypeptide. As a cause Frazer has suggested a lack of enzymes in the intestinal wall. It is also possible that some polypeptides (breakdown products of gliadin) have a toxic effect. Yet another possible explanation is of an allergic process due to sensitization to gliadin, a theory which finds support in the anaphylactic shock on exposure to gliadin, the eosinophilia of...