Zur Neurobiologie der Alkoholabhängigkeit

Abstract
The authors deal with the heuristic value of the "neurobiological model of alcohol dependence". It allows the study of the influence of a defined noxe on different brain structures. Additionally, it enables the quantification of regeneration and restitution processes in abstinence. Because of this, the alcoholism model goes beyond dementia, the model which has dominated brain research so far. Neuropathological studies in humans and animals found a reduction in the volume of white matter and a partial degeneration, or even loss of specific neurons. According to animal data, this could to a certain extent be genetically determined. Alcohol exerts a distinct influence on different neurotransmitter systems. This research will deepen our understanding of the neurotoxic and psychotropic properties of alcohol, and of the development of dependence. Little is known about the role of astrocytes in the reaction of the brain to alcohol. Here again, the neurobiological model of alcohol dependence could be of value in learning more about their interactions with neurons. Using Magnetic Resonance Imaging and CATscans, the decrease in volume of white and grey matter was demonstrated in vivo. The degree and the time course of brain damage seems to be influenced less by drinking history than by age and gender. There is evidence that female alcoholics develop brain damage more readily than men. When abstinent, an increase in the volume of white and grey matter can be observed. This is not due to the rehydration of brain tissue alone. Future research will need to deal with the question of whether the central nervous system is capable of partial regeneration. For the study of neuroplasticity, the neurobiological model of alcohol dependence seems to be particularly well suited. Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit den erkenntnistheoretischen Möglichkeiten eines ,,neurobiologischen Modells Alkoholabhängigkeit", Mit seiner Hilfe können die Einwirkungen einer definierten Noxe auf verschiedene Hirnstrukturen beobachtet und regenerative und restitutive Veränderungen unter Abstinenzbedingungen untersucht werden. Die heuristische Bedeutung des Demenzmodells, das die Forschung zum Verständnis des Gehirns bisher dominiert, werden hierdurch ergänzt und erweitert. Ein Überblick über aktuelle Aspekte der neuropathologischen Forschung am Menschen und im Tiermodell . hebt die Volumenreduktion im Marklager und die partielle Schädigung bzw. den Verlust bestimmter Neurone hervor. Nach tierexperimentellen Befunden könnte dies genetisch mitbedingt sein. Die Beeinflussung verschiedener Neurotransmittersysteme durch Alkohol vertieft unsere Erkenntnisse der neurotoxischen und psychotropen Wirkungen des Alkohols sowie der Entstehung von Abhängigkeit. Dagegen ist bisher nur wenig bekannt über die Rolle der Astrozyten in der Reaktion des Gehirns auf Alkoholintoxikation. Da sich immer deutlicher abzeichnet, daß ihre Bedeutung weit über bloße Stützund Ernährungsfunktion hinausgeht, werden sie für die Zukunft ein wichtiges Feld weiterer Forschungen darstellen. Am Menschen konnten mit Hilfe der Computer- und Kernspintomographie in vivo die Volumenminderungen der weißen und grauen Substanz bestätigt werden. Ausmaß und Tempo der Schädigung werden offenbar weniger von Trinkmenge und Trinkdauer als von Alter und Geschlecht (bei Frauen rascher) beeinflußt. Unter Abstinenzbedingungen läßt sich eine Volumenzunahme der weißen und grauen Substanz beobachten. Sie ist offenbar nicht durch eine vermehrte Wassereinlagerung ins Gewebe zu erklären. Die Frage, ob das zentrale Nervensystem die Fähigkeit zur partiellen Regeneration besitzt, ist sicherlich ein Schwerpunkt zukünftiger Forschung. Für die Untersuchung neuroplastischer Vorgänge scheint das ,,neurobiologische Modell Alkoholabhängigkeit" in besonderem Maße geeignet.