Rauchen-attributable Produktivitätsausfallkosten in Deutschland - eine partielle Krankheitskostenstudie unter Zugrundelegung der Humankapitalmethode

Abstract
Ziel: Es sollen die rauchen-attributablen Produktivitätsausfallkosten für die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1999 ermittelt werden. Methodik: Ausgehend von der 0,5 %-Stichprobe zum Rauchverhalten der deutschen Bevölkerung aus dem Mikrozensus 1999 und den relativen Mortalitätsrisiken von Rauchern aus der US-amerikanischen Krebspräventionsstudie II wird der dem Rauchen zuschreibbare Anteil an Mortalität und Morbidität bestimmt. Dabei werden tabakrauchassoziierte Krebserkrankungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen und Erkrankungen im Kindesalter unter einem Jahr berücksichtigt. Bei der Erfassung der Produktivitätsverluste infolge tabakkonsumbezogener Mortalität und Morbidität wird nach der so genannten Humankapitalmethode vorgegangen. Ergebnisse: In Deutschland gingen im Jahr 1999 insgesamt 607 393 Erwerbstätigkeits- bzw. Arbeitsjahre durch Rauchen verloren. Die daraus resultierenden Produktivitätsausfallkosten sind mit insgesamt 14,480 Mrd. € zu beziffern. Von dieser Summe entfallen 4,525 Mrd. € auf vorzeitige Mortalität, 5,759 Mrd. € auf Erwerbunfähigkeit und 4,196 Mrd. € auf Arbeitsunfähigkeit. Werden die Produktivitätsausfallkosten durch Rauchen auf das Bruttosozialprodukt (BSP) im Stichjahr 1999 bezogen, ergibt sich ein volkswirtschaftlicher Schaden in Höhe von 0,74 % des BSPs. Dies entspricht einer Produktivitätseinbuße in Höhe von 379 € pro gegenwärtigen bzw. ehemaligen Raucher. Die Sensitivitätsanalyse offenbart, dass die Einbeziehung „nichtmarktfähiger Produktion” einen enormen Anstieg der rauchen-attributablen Produktivitätsverluste zur Folge hat. Kritisch ist jedoch anzumerken, dass bei Zeiten von Massenarbeitslosigkeit die auf Vollbeschäftigung beruhende Humankapitalmethode nicht die tatsächlichen, sondern lediglich die potenziellen Produktivitätsausfallkosten misst. Schlussfolgerungen: Diese partielle Krankheitskostenstudie zeigt, dass mit dem Rauchen enorme volkswirtschaftliche Produktivitätsverluste einhergehen können. Dieser Verlust an Ressourcen kann eine gezielte Förderung von Studien zur Kosteneffektivität von Raucherentwöhnungstherapien oder Präventionsmaßnahmen gegen das Rauchen rechtfertigen. Allerdings sollte berücksichtigt werden, dass die Zugrundelegung der Humankapitalmethode zu einer erheblichen Überschätzung der tatsächlichen Produktivitätsverluste durch Rauchen führt. Aufgabe zukünftiger Untersuchungen ist es, die rauchen-attributablen Produktivitätsausfallkosten mithilfe der Friktionskostenmethode zu ermitteln, um dadurch eine weitaus realistischere Schätzung zu den produktivitätsrelevanten Kosten des Rauchens zu erhalten. Purpose: Costs of productivity loss for the Federal Republic of Germany attributable to smoking in 1999 was to be determined. Methods: Mortality and morbidity attributable to smoking is determined by a 0.5 % sample of the smoking behaviour of the German population (microcensus 1999) and the relative mortality risks of smokers (US-American cancer prevention study II). Tobacco smoke-associated cancer illnesses, cardiovascular diseases, respiratory tract diseases and illnesses of children under one year are considered. Calculation of the productivity-relevant consequences of smoking due to morbidity and mortality is effected according to the so-called human potential capital method. Results: In Germany total of 607.393 working years were lost because of smoking in the year 1999. The costs of productivity loss are estimated at 14.480 billion €. From this 4.525 billion € are allotted to premature mortality, 5.759 billion € to permanent disablement and 4.196 billion € to temporary incapacitation for work. If the costs of productivity loss by smoking are referred to the gross national product (BSP) in the year 1999, an economical damage at a value of 0.74 % of BSPs results. This corresponds to a productivity loss of 379 € per present or former smoker. The sensitivity analysis manifests that the inclusion of “non-marketable production” results in an immense rise productivity losses attributable to smoking. However, it should be noted that in times of mass unemployment the human capital method which is based on full employment does not measure the actual, but only the potential productivity loss cost. Conclusions: This partial disease cost study shows that immense economic productivity losses are associated with smoking. This loss of resources can justify a purposeful promotion of studies regarding cost effectiveness of anti-smoking therapeutic mesures or preventive measures against smoking. But it should be considered that the use of the human potential capital method results in an overestimation of the actual productivity losses by smoking. In future the costs of productivity losses attributable to smoking should be determined by the friction cost method. With this procedure a more realistic estimation of productivity-relevant costs of smoking is possible.