Abstract
1. Kranke mit echtem Diabetes und niedriger Zuckerschwelle der Niere zeigen sowohl auf Diätmaßnahmen wie auch auf Insulinanwendung bei normaler Reaktionsfähigkeit des Blutzuckers hochgradige Veränderungen des Harnzuckers. Ihr Insulin-Glukoseäquivalent ist groß, sie imponieren als besonders insulinempfindlich. Bei Insulinbehandlung kann man ihre Glykosurie nicht leicht vollständig beseitigen, ohne hypoglykämische Zustände zu provozieren. 2. Es gibt Fälle echter diabetischer Stoffwechselstörung, die mit normoglykämischer Glykosurie kombiniert sind. Bei solchen Fällen gelingt es nicht, durch Insulin die Glykosurie vollständig zu beseitigen, es wäre denn, daß man schwere hypoglykämische Zustände mit in Kauf nimmt. 3. Auch Fälle mit normoglykämischer Glykosurie (sogenannte renale Glykosurie) ohne diabetische Stoffwechselstörung können durch Insulin nicht entzuckert werden, weil man sie nicht dauernd bei extremer Hypoglykämie halten darf. Daß sie für Insulin empfindlich sind, beweist der Abfall ihres Blutzuckers nach Insulinapplikationen. Zum Unterschied von mit normoglykämischer Glykosurie kombiniertem echtem Diabetes mellitus zeigt die renale Glykosurie auf Kohlenhydratbelastung nur eine geringe Steigerung der Glykosurie. 4. Es empfiehlt sich nicht, leichte Fälle von echtem Diabetes mellitus mit der normoglykämischen Glykosurie als Diabetes innocens (innocuus) zusammenzufassen. Die renale, normoglykämische Glykosurie ist eine harmlose Anomalie, ein echter Diabetes mellitus kann aber, wenn er auch noch so harmlos beginnt, progredient werden. 5. Diabetiker mit hoher Zuckerschwelle der Niere reagieren mit ihrer Glykosurie träge auf Diätmaßnahmen und Insulin. Sie zeigen ein geringes Insulin-Glukoseäquivalent und täuschen vielfach Unempfindlichkeit für Insulin vor.