Abstract
Der Einfluß des Blutgerinnungssystems auf die Kapillarpermeabilität wurde am lebenden Rattenmesenterium kapillarmikroskopisch durch Fluorochromierung der Plasmaproteine untersucht. Es fand sich regelmäßig eine Steigerung der Gefäßpermeabilität, wenn die Blutgerinnbarkeit vermindert wurde. Im einzelnen wurden folgende pathogenetisch verschiedenartigen Gerinnungsstörungen experimentell erzeugt: eine akute Thrombozytopenie durch Antiplättchenserum im Vergleich mit einer durch ein Antigeiäßserum hervorgerufenen Blutungsneigung, schwere Koagulopathien nach intravenöser Zufuhr von Thrombin, Trypsin, Neodymsulfoisonikotinat oder Heparin. In allen Versuchsgruppen entsprach die Steigerung der Kapillarpermeabilität etwa der Schwere der Gerinnungsstörung. Eine vorübergehende Thrombozytopenie, die für ca. 30 Min. nach Thrombin- und Trypsininfusion auftrat, hatte keinen sicheren zusätzlichen Einfluß auf die Gefäßdurchlässigkeit. Die immunologisch bedingte Thrombozytopenie führte jedoch zu einer schnellen und starken Permeabilitätssteigerung, die nicht immer mit den Zeichen der gesteigerten Gefäßfragilität parallel ging. Als gerinnungsphysiologische Erklärung für die nachgewiesenen Zusammenhänge zwischen Blutgerinnung und Gefäßpermeabilität wird eine kontinuierlich intravasal ablaufende modifizierte Blutgerinnung angenommen, die über die endokapilläre plasmatische Grenzschicht die Permeabilität der Gefäßwand beeinflußt. Eine Störung des dynamischen Gerinnungsgleichgewichts im Sinne einer herabgesetzten Gerinnbarkeit verursacht eine Steigerung der Gefäßpermeabilität. Die Einzeldaten der Untersuchungsbefunde können vom Verfasser angefordert werden.