Abstract
Der Zustand eines verdünnten Gases, dessen Teilchen einen Eigendrehimpuls (Spin) von konstantem Betrag (Quantenzahl J), jedoch variabler Orientierung (Quantenzahl M) besitzen, wird durch eine Verteilungsmatrix fMN (t, r, c) mit 2 J+1 Zeilen und Spalten beschrieben. Die Streuamplituden matrix αM′ M₁′,MM₁ (e,′e, k) für den Zweierstoß im Schwerpunktssystem, d. h. für die Streuung einer ebenen Welle mit der Wellenzahl k und der Richtung e in die neue Richtung e′ mit entsprechenden Spinstellungen, wird als bekannt vorausgesetzt. Dann kann man einen allgemeinen Ausdruck für die Änderung des Erwartungswertes eines beliebigen Operators OMN (c) beim Zweierstoß angeben. Dieser Ausdruck läßt sich auf das Gas übertragen und führt zur Maxwellschen Transportgleichung für den Mittelwert O, d. i. Gl. (6.2) für das Lorentz-Gas bzw. Gl. (7.15) für das reine Gas. Von der Transportgleichung gelangt man durch eine einfache Überlegung zur Boltzmannschen Stoßgleichung für Spinteilchen, d. i. Gl. (6.3) bzw. Gl. (7.16). Sie ist eine Matrixgleichung. Der Beitrag der Stöße zur Änderung von f besteht aus zwei Gliedern. Das eine Glied ist bilinear in den Streuamplituden a, a; über alle Stoßrichtungen wird integriert. Dieses Glied gibt an, wieviel Teilchen einer betrachteten Geschwindigkeit und Spinorientierung „entstehen“. Das andere Glied ist linear in den Streuamplituden a bzw. a; sie sind für die Vorwärtsrichtung e′ = e zu nehmen. Dieses Glied gibt an, wieviel Teilchen der betrachteten Art „verschwinden“. In der Näherung isotroper Spinorientierung ist die Verteilungsmatrix der Einheit proportional, also eine gewöhnliche Funktion. Durch Anwendung des Schattentheorems (optischen Theorems) für die Streuamplitude gelangt man in dieser Näherung formal zurück zu der geläufigen Boltzmann-Gleichung für einatomige Gase (aus spinlosen Teilchen) mit einem Wirkungsquerschnitt, der durch Mittelung über alle Spinstellungen entstanden ist und für den die „detailed balance“-Relation gilt. Für die einzelnen Spinzustände hat man bekanntlich keine solche direkte Relation. Es ist deshalb befriedigend, daß die strenge Boltzmann-Gleichung für Spinteilchen sich formal deutlich von derjenigen für spinlose Teilchen unterscheidet.