Abstract
In der allgemeinen Thermokraftformel des Zweibändermodells der Elektronentheorie bleibt als Parameter die Fermische Grenzenergie ζ unbestimmt. Diese ergibt sich erst aus der Ladungsträgerbilanz für den in Betracht kommenden Halbleiter. Selbst bei Beschränkung auf einen einfachen „klassischen“ Störstellenhalbleiter mit nur einem Störstellenniveau und nicht entartetem Elektronengas lassen sich die ζ-Werte nur numerisch bestimmen. Jedoch kann man unter der Voraussetzung, daß der Bandabstand wenigstens dreimal so groß ist wie die Aktivierungsenergie der Störstellen, zwei allgemeine Formeln für ζ ableiten, die den gesamten Temperaturbereich lückenlos erfassen. Die erste dieser Beziehungen gilt im Gebiet der reinen Störstellenhalbleitung, ohne daß sich eine Eigenleitung überlagert. Die mit diesem Ausdruck für die Fermische Grenzenergie aufgestellte Thermokraftformel umfaßt auch das Gebiet der vollständigen Ionisation und führt nur unter weiteren Näherungsannahmen, die eingehend diskutiert werden, zu den in der bisherigen Literatur vielfach benutzten Beziehungen für die Temperaturabhängigkeit der Thermokräfte. Die zweite Näherungsformel für ζ gilt im Gebiet mittlerer und hoher Temperaturen. Sie erfaßt den Übergang von der Störstellen- zur Eigenhalbleitung einschließlich der Störstellenleitung bei vollständiger Ionisation und der Eigenhalbleitung und führt so auf eine Thermokraftformel mit einem entsprechend großen Gültigkeitsbereich. In der vorliegenden Arbeit wird ferner gezeigt, daß sich unter der bereits angegebenen Voraussetzung über die relative Größe der Aktivierungsenergie und des Bandabstandes die bei tiefen Temperaturen und die bei hohen Temperaturen gültigen Darstellungen für die Thermokraft in mittleren Temperaturen zu den gleichen Werten führen und sich so teilweise überdecken. Die so ermittelten analytischen Formeln für die differentielle Thermokraft können zur Bestimmung der Aktivierungsenergie, des Bandabstandes oder der scheinbaren Massen der Ladungsträger benutzt werden, ohne daß die Experimente entweder im reinen Störleitungsgebiet oder im reinen Eigenleitungsgebiet ausgeführt zu werden brauchen. Bei der formalen Darstellung wird im Übergangsgebiet die Einführung eines temperaturabhängigen Verhältnisses der scheinbaren Massen von Elektronen und Defektelektronen nahegelegt. Die Gültigkeitsgrenzen einzelner Näherungsformeln werden an zwei Beispielen durch einen Vergleich mit exakten Lösungen veranschaulicht und im Zusammenhang mit dem gesamten Temperaturverlauf der Thermokraft erläutert. Eine knappe Diskussion einzelner experimenteller Ergebnisse über die Temperaturabhängigkeit der Thermokraft zeigt eine qualitative Übereinstimmung mit den vorliegenden theoretischen Formeln. Doch reichen die experimentellen Angaben für einen quantitativen Vergleich in vielen Fällen nicht aus.