Abstract
Für die Bereiche 1 und 2 der in früheren Untersuchungen 9-11 gewonnenen Einteilung der Verfestigungskurve kubisch-flächenzentrierter Vielkristalle, die bis zum Beginn dynamischer Erholungsvorgänge (Quergleitung) reichen, wird eine Versetzungstheorie entwickelt und experimentell geprüft. Sie führt die Spannungs-Dehnungskurve quantitativ auf den mittleren Laufweg der die Verfestigung verursachenden Versetzungen zurück. Unsere Einzelergebnisse sind: 1. Für Bereich 1 wird zur Berechnung des Versetzungslaufwegs eine geeignete Definition des mittleren Korndurchmessers gegeben und gezeigt, wie sich dessen Zahlenwert aus Schliffbildern ermitteln läßt. 2. Das Gleitlinienbild wird an Nickelproben für eine tiefe (85°K) und eine höhere (295°K) Verformungstemperatur elektronenmikroskopisch studiert, Gleitliniendichte und Mehrfachgleitung werden quantitativ erfaßt. Die mittlere Gleitlinienlänge als Funktion der Spannung σ erweist sich als eine charakteristische, doppelt gekrümmte Kurve. 3. Die Verfestigung in Bereich 1 läßt sich theoretisch beschreiben, wenn man für den verfestigungsbestimmenden Versetzungslaufweg den oben definierten mittleren Korndurchmesser wählt und außerdem berücksichtigt, daß dieser mit zunehmender Spannung σ langsam abnimmt. 4. In Bereich 2 wird die Verfestigung durch den infolge von Versetzungsreaktionen im Korninneren abnehmenden Versetzungslaufweg bestimmt. Er stimmt hier mit der mittleren Gleitlinienlänge überein. Die aus den Gleitlinienmessungen mit unserer Theorie gefolgerten Verfestigungsparameter stimmen mit den unmittelbar gemessenen sehr gut überein. 5. Physikalische Überlegungen und der Vergleich mit den Experimenten legen es nahe, daß der sogen, mittlere Orientierungsfaktor in Bereich 1 Werte um 2,7, in Bereich 2 dagegen Werte um 2.3. nahe dem Sachs sehen Wert, annimmt.