Abstract
Ausgehend vom Phasenstabilitätskriterium werden die allgemeinen Bedingungsgleichungen für den kritischen Entmischungspunkt in einer binären Mischphase abgeleitet. Es wird der Verlauf der Stabilitätsgrenzkurve und der Koexistenzkurve am kritischen Lösungspunkt sowohl im T, x-Diagramm (P = const) als auch im P, x-Diagramm (T = const) betrachtet. Dazu werden die ersten nicht verschwindenden Differentialquotienten der Stabilitätsgrenzkurve und der Koexistenzkurve am kritischen Punkt berechnet. Die Rechnung ergibt, daß die Koexistenzkurve und die Stabilitätsgrenzkurve in der Umgebung eines kritischen Punktes um so flacher verlaufen und sich von um so höherer Ordnung berühren, je mehr Ableitungen der molaren freien Enthalpie nach dem Molenbruch verschwinden. Die Krümmungen der Stabilitätsgrenze und der Koexistenzkurve am kritischen Punkt sind nur dann von Null verschieden, wenn der vierte Differentialquotient der molaren freien Enthalpie nach dem Molenbruch nicht verschwindet. Die Krümmung der Stabilitätsgrenze ist dreimal so groß wie die Krümmung der Koexistenzkurve. Aus den abgeleiteten Formeln folgen in einfacher Weise die notwendigen Bedingungen für die Existenz eines oberen bzw. unteren kritischen Lösungspunktes im T, x- und P, x-Diagramm. Aus einigen allgemeinen empirischen Regeln werden Vorzeichenaussagen für die wichtigsten thermodynamischen Zusatzfunktionen an einem kritischen Punkt im T, x-Diagramm gewonnen. Es wird gezeigt, daß diese Vorzeichenaussagen in einem größeren Bereich oberhalb und unterhalb der kritischen Temperatur für alle Konzentrationen gelten. Die verschiedenen Lösungstypen werden im Hinblick auf ihr Entmischungsverhalten diskutiert. Dabei ergibt sich, daß eine athermische Lösung prinzipiell keinen kritischen Entmischungspunkt besitzen kann. Mit Hilfe einiger spezieller Ansätze für die freie Zusatzenthalpie in niedrigmolekularen Nichtelektrolytlösungen wird der Verlauf der Koexistenzkurven an kritischen Punkten im T, x- und P, x-Diagramm näher untersucht.