Abstract
Die vorliegenden Untersuchungen an selbststeriler Petunia lassen das Prinzip des Mechanismus auffinden, durch welchen der Unterschied im Pollenschlauchwachstum nach Selbst- und Fremdbestäubung zustandekommt. Vergleichende Wachstumsmessungen in Verbindung mit Griffelpfropfungen und Doppelbestäubungen zeigen, daß eine Hemmstoffbildung im Sinne der Immunitätstheorie von East nicht eintritt. Fortlaufende Messungen der Wachstumspotenz von „Selbst-“ und „Fremdschläuchen“ und von Pollenschläuchen nach Doppelbestäubungen bilden die Grundlage für eine neue Theorie der Hemmung beim Schlauchwachstum Selbststeriler; Jeder Pollenschlauch gibt, um wachsen zu können, eigene Substanzen (PS-Stoff) in das Leitgewebe ab. PS-Stoff wird im Pollenkorn unter der Wirkung des betreffenden Sterilitätsallels mindestens zum Teil als spezifischer Stoff und in ganz bestimmter Menge gebildet. Wahrscheinlich trägt er Fermentcharakter. Er dient zum Aufschließen des Leitgewebes. Fremdschläuche verbrauchen ihn hierzu ganz bei ihrem Wachstum. Bei Selbstungen wird ein Teil des abgegebenen PS-Stoffes durch ein im Leitgewebe vorhandenes, unter dem Einfluß des gleichen Gens gebildetes System (LG-System) seiner eigentlichen Funktion entzogen, inaktiviert. Bei Selbstungen wird also auf der gleichen Wegstrecke mehr PS-Stoff verbraucht als bei Fremdungen. Allgemein entscheiden die Bedingungen des Griffels über den Verbrauch bzw. die Anwendbarkeit des PS-Stoffes. Pfropfungen, durch die einem Schlauch die Möglichkeit zu beliebig weitem Wachstum gegeben wird, beweisen, daß das maximale Wachstum bei Selbstfertilen besonders groß ist. Bei den Pollenschläuchen von Petunia steigt die maximale Wachstumsleistung nach Verwendung des gleichen Pollens von der Selbstung Selbststeriler über die Fremdung Selbststeriler zur Bestäubung Selbstfertiler.