Abstract
1. Die präoperative neurologische Untersuchung einschließlich EEG-Registrierung deckte bei 6 von 59 Patienten mit angeborenem Herzfehler eine frühkindliche Hirnschädigung auf. 2. Bei 38 Patienten wurde das EEG während der Operation am offenen Herzen in Hypothermie registriert. Nach Unterbrechung des Kreislaufes setzt mit einer Latenzzeit von 5 bis 10 Sek. eine kontinuierliche Frequenzverlangsamung ein. Die Amplituden bleiben während des Zwischenwellenstadiums nahezu unverändert und nehmen mit Übergang in das delta-Wellenstadium vorübergehend zu. Schließlich mündet die Kurve unter weiterer Abnahme der Frequenz und der Amplitude in eine isoelektrische Linie. 3. Die Spannungsproduktion erlischt im Mittel in unseren Fällen 26,6 Sek. nach Abklemmen der Hohlvenen (3 sigma Abweichung: 10,2 Sek.). 4. Bei einer Unterkühlung auf 27° — 30° C nimmt die Erholungslatenz des EEG mit zunehmender Ischämiedauer bis zur siebten Minute annähernd linear zu und steigt zwischen der siebten und achten Minute mit einem scharfen Kurvenknick steil an. Der Verlauf dieser Kurve wird mathematisch formuliert. 5. Bei Ausdehnung der Ischämie über sieben Minuten weist die verzögerte Erholung mit starker Streuung der Meßwerte und Gruppenbildung im EEG auf eine Schädigung der Ganglienzellen hin. Dies deckt sich mit der klinischen Erfahrung, daß die Kreislaufunterbrechung nicht über 6—8 Min. ausgedehnt werden sollte. 6. Bei 45 postoperativ untersuchten Patienten war der neurologische Befund normal (abgesehen von einer lagerungsbedingten Schädigung des Plexus brachialis). Die psychiatrische Exploration deckte in 3 Fällen eine symptomatische Psychose auf. Der EEG-Befund war in 24 Fällen normal bzw. unverändert. In 10 Fällen war der Grundrhythmus verlangsamt, das EEG normalisierte sich jedoch innerhalb von 2—6 Wochen. Einmal nahm eine bereits präoperativ festgestellte Dysrhythmie nach der Operation zu. 7. Nach diesen Untersuchungsergebnissen muß im Anschluß an eine Kreislaufunterbrechung in Hypothermie, auch wenn eine Ischämiedauer von 8 Min. nicht überschritten wird, mit gewissen überdauernden, allerdings weitgehend reversiblen Störungen der zentralnervösen Funktionen gerechnet werden, zumal wenn bereits präoperativ eine Hirnschädigung vorgelegen hat. Es ist zu überlegen, ob Patienten mit einer im EEG nachweisbaren Krampfbereitschaft nicht besser mit Hilfe extrakorporaler Zirkulation zu operieren wären.