Über die Pathogenese und die klinische Bedeutung der Hyperfermentämie1

Abstract
1. Bei einer Reihe von Erkrankungen kommt es zu dem Symptom der Hyperfermentämie, worunter wir eine Aktivitätserhöhung von Fermenten, die bei Gesunden lediglich in geringerer Konzentration im Blut vorhanden sind, verstehen. In schweren Fällen kann es sogar zum Auftreten von normalerweise nicht im Serum nachzuweisenden Enzymen kommen. 2. Die Hyperfermentämie bei akuten Erkrankungen kann nicht mit einer Einschwemmung von Fermenteiweiß aus zerstörten Zellen (z. B. aus der Nekrose beim Herzinfarkt) erklärt werden. Überschlagsrechnungen der Fermentaktivitäten in Gewebe und Serum, das antagonistische Verhalten verschiedener Enzyme (Anstieg der meisten Fermentaktivitäten bei Abfall einzelner) und das Auftreten der charakteristischen Hyperfermentämie auch bei „zentralen” Erkrankungen (z. B. Apoplexie oder Subarachnoidalblutung) und bei Infekten, die ohne wesentlichen Zelluntergang ablaufen (z. B. Grippe) beweisen die Unhaltbarkeit der „Nekrosetheorie”. Die Hyperfermentämie tritt vielmehr bei diesen akuten Erkrankungen als Reaktion des Organismus auf. Sie ist wie das Fieber, die Leukocytose, die Beschleunigung der Blutsenkung und andere unspezifische Krankheitszeichen ein weiteres Symptom des akuten Syndroms. Als Quelle der in das Blut eingeschwemmten Fermente beim akuten Syndrom ist in erster Linie die Leber anzusehen. Deren Fermentgehalt unterliegt während akuter Krankheitsereignisse gesetzmäßigen Schwankungen. Weiterhin weist das Auftreten von Sorbitdehydrogenase im Serum bei akuten Erkrankungen auf eine Leberbeteiligung hin, da dieses Enzym normalerweise nicht im Serum, vorwiegend in der Leber und nur in geringfügiger Menge in anderen Organen vorkommt. 3. Auch bei der Hepatitis stammen die Fermente nicht lediglich oder in wesentlichem Ausmaß aus dem Nekrose-material der Leber. Zweifellos können nur Organzellen als Quelle der Fermente im Blut in Frage kommen. Unseres Erachtens sind jedoch nicht die nekrotischen, sondern die lebenden, allerdings geschädigten Zellen maßgebend. 4. Das gemeinsame pathogenetische Prinzip für das Zustandekommen der Hyperfermentämie ist das „Leckwerden” der Zelle für Enzyme. Viele Ursachen können diese Inkontinenz der Zelle herbeiführen, vor allem Entzündungen, Vergiftungen, Anoxämie, Kreislaufkollaps und akute Erkrankungen, bei denen das, was F. Hoff als vegetative Gesamtumschaltung bezeichnet hat, in Wirksamkeit tritt, z. B. akute Infekte, Apoplexie, Herzinfarkt usw. 5. Auch Tumorzellen (bei Karzinom, Leukämie, Hodgkin usw.) neigen zu Fermentverlust, und schließlich ist er noch bei einer Reihe weiterer Erkrankungen mit verschiedenartiger Ätiologie anzutreffen. 6. Die Annahme, daß ein „Leckwerden” der Zelle die Hyperfermentämie bewirkt, muß durch eine zweite, daß bei diesen Zuständen die Zelle vermehrt Fermente produziert, ergänzt werden, da anders die über lange Zeit anhaltende Hyperfermentämie in häufig zu beobachtendem Ausmaß (z. B. bei Hepatitis und progressiver Muskeldystrophie) nicht zu erklären ist. Hier zeichnet sich eine Regulation des Fermentstoffwechsels ab, deren Einzelheiten weiterer Aufklärung bedürfen. 7. Die klinische Bedeutung des Symptoms Hyperfermentämie wird umrissen. “Hyperenzymaemia” is the term suggested for an increase in the activity of serum enzymes above normal or the presence in serum of enzymes normally absent from it. An increase in serum enzyme concentration in acute diseases cannot be explained by the entry of enzymes into the blood from destroyed cells (e.g. necrotic tissue after myocardial infarction). Evidence for this is a discrepancy in the calculated enzyme activity in tissue and serum, the differential behaviour between certain enzymes, and the occurrence of characteristic enzyme increases even in such diseases as cerebrovascular accident or subarachnoid haemorrhage, as well as infections. Rather it is thought that the increase in serum concentration of enzymes is a reaction of the organism to acute diseases. It is thus to be compared with fever, leukocytosis, increased sedimentation rate, and other non-specific signs of an acute illness. The liver is to be considered the primary source of these enzymes. Hepatic enzyme concentration follows definite changes during acute disease. The presence of sorbitol dehydrogenase in serum indicates hepatic involvement, because this enzyme does not normally occur in serum, is predominantly produced in the liver, and occurs in other organs in only negligible amounts. — Even in hepatitis the serum enzymes do not to any significant extent come from necrotic tissue in the liver. It is not the necrotic but the living — although damaged — cells which are the source of the serum enzymes. The common factor in the causation of increased serum enzyme concentration is the leaking of enzymes out of cells. This leakage may be caused by inflammation, poisoning, anoxaemia, circulatory collapse and those acute illnesses, in which there is a marked disturbance in automatic balance, e.g. acute infections, cerebrovascular accident, myocardial infarction. — Malignant cells, too, tend to “leak” enzymes (carcinoma, leukaemia, Hodgkin's disease, etc.). This leakage also occurs in a number of other illnesses of different aetiologies. — In addition to the leakage of enzymes from the cells there may also be an increased production of enzymes, as shown by the persistent rise in serum enzyme concentration over long periods in certain disesases (hepatitis and progressive muscular dystrophy). — A clinical significance of a rise in serum enzyme concentration is discussed. Acerca de la patogenia e importancia clínica de la hiperfermentemia 1. En una serie de...