Eine neue Vorstellung zur Pathogenese der Immunkomplexnephritis

Abstract
Lange Zeit wurde angenommen, daß die Immunkomplexnephritis durch eine glomeruläre Ablagerung von zirkulierenden Immunkomplexen entsteht. Eine befriedigende Erklärung, wie diese Komplexe in die GBM eindringen können, wurde bisher nicht gefunden. In jüngster Zeit wird — vor allem für subepitheliale Immunkomplexablagerungen — eine in situ Entstehung diskutiert. Positiv geladene Moleküle besitzen eine deutliche Affinität zur negativ geladenen GBM und können als Ziel (planted antigen) für den zirkulierenden Antikörper dienen. Hinzu kommt, daß sie bis zu einer Größe von mehr als 500 000 Dalton in die GBM eindringen können, während anionische Moleküle schon mit einer Größe von 70 000 Dalton von der gleichen Filtration ausgeschlossen sind. Die Interaktion chemisch kationisierter Proteine hängt vom pI und von der Größe des Moleküls ab. Kationisiertes IgG bleibt in der GBM hängen, wenn sein pI höher als 9.0 ist, Ovalbumin erst mit einem pI höher als 10.0. Hochkationisierte Proteine sind einige Stunden in der GBM nachweisbar. Die Komplexierung mit dem Ak führt zur Bildung subepithelialer Depots, die Wochen und Monate lang im Glomerulum verbleiben können. Die Injektion von einigen Mikrogramm eines hochkationisierten Antigens direkt in die linke Nierenarterie, der 1 h später eine systemische Gabe des Antikörpers folgt, ist ausreichend, um eine typische ICGN mit massiver Proteinurie auszulösen. Kationische Proteine sind demnach potente, nephritogene Antigene, die auch bei der menschlichen GN eine Rolle spielen könnten. For a long time it was considered that immune complex nephritis was caused by the deposition of circulating immune complexes. The way these complexes penetrate into the GBM has not been satisfactorily explained. Recently, especially in the case of sub-epithelial immune complex deposits, an in situ formation has been discussed. Positively charged molecules have a marked affinity for the negatively charged GBM and can act as a target (planted antigen) for circulating antibody. Furthermore they can readily penetrate the GBM even when their size exceeds 500,000 daltons, whereas anionic molecules of over 70,000 daltons are effectively excluded. The interaction of chemically cationized proteins with the GBM is dependant on the size and charge of the molecule. Cationized IgG fixes to the GBM when its pI exceeds 9.0, ovalbumin only when its pI exceeds 10.0. Highly cationised proteins can be detected for several hours in the GBM. The reaction with antibody leads to the formation of sub-epithelial deposits which persist for weeks or even months in the GBM. Perfusion of microgram quantities of a highly cationised antigen directly into the left renal artery followed by the systemic injection of antibody 1 h later is capable of inducing a typical ICGN with massive proteinuria. The above demonstrates that cationic proteins are potent nephritogenic antigens, which may also be involved in human glomerulonephritis.